Ihr wisst ja inzwischen vielleicht, dass ich nicht so auf Reiseführer stehe und mir meistens vor Ort und von Einheimischen die schönsten und interessantesten Fleckchen Erde zeigen lasse. So bleibt es spannend, ich bleibe unvoreingenommen und ich kann das Land in dem ich mich gerade befinde genießen, ohne Zeit und Energie auf die Recherche für meinen nächsten Stop zu verschwenden. In Ecuador angekommen staune ich demnach nicht schlecht als ich von meinen vielen Optionen erfahre. Neben den offensichtlichen Mustsees Galapagos und Cotopaxi, hat mein erster Halt in Südamerika ja noch so viel mehr zu bieten: den Amazonas durchquert man am Besten von Westen, also via Ecuador, und die Anden reichen so weit in den Norden, dass man von Quito aus eigentlich praktisch drin steht. Auf dem Chimborazo-Vulkan steht man offiziell an dem am weitesten vom Erdmittelpunkt entfernten Punkt (die Erde ist ja bekanntlich nicht ganz rund, sondern eher oval, dank der Radialkraft). Auf dem Strich des Äquators kann man buchstäblich gehen (höhö, er hat “auf dem Strich gehen” gesagt) und alleine hier gibt es eine größere Tier- und Pflanzenvielfalt als in ganz Europa.
Ich beschließe also ein paar Wochen hier zu bleiben. Die Entscheidung wird mir aufgrund der umwerfend freundlichen befreundeten Familie, die ich hier besuchen darf, auch denkbar einfach gemacht. Versüßt wird mir der Ausblick außerdem durch einen Überraschungsbesuch aus Deutschland: Alisa wird mich für knapp Vierzehntage begleiten und gemeinsam gehen wir auf Abenteuerreise. So verbringe ich Weihnachten und Silvester also doch nicht alleine. Bis dahin ist aber noch etwas Zeit, daher erkunde ich zwei Tage Quito, und fliege nach Galapagos. “Heute gebucht, morgen schon da” lautet das Motto und ich fliege überraschend schnell auf die rund 1000 KIlometer westlich gelegene Inselgruppe, die Dank Darwin eine steile Karriere gemacht hat.
Schon im Landeanflug sehe ich den braunen und flachen Küstenstreifen der Insel Baltra, azurblaues Wasser und freue mich auf die kommenden fünf Tage. Ich zahle die 100 Dollar Parkgebühr und trete ein, in ein Land, das mit seinem Namen ja quasi schon den Imperativ in sich trägt: Galapa-go! Am ersten Tag, gleich die erste Tour, durch den Hafen von Santa Cruz: ich sehe Robben, die im Weg rumliegen und chillen (ist ja auch ihre Insel, da würd ich auch nicht den doofen Touristen weichen), Leguane in allen möglichen Farben, Blaufußtölpel und Albertrosse (ist das die richtige Mehrzahl?). Pelikane sitzen wie Tauben in Deutschland an jeder Ecke und sitzen rum und allgemein hab ich den Eindruck, dass Tiere auch in der freien Wildbahn gerne viel chillen. Nicht nur im Zoo. Riesenschildkröten kommen hier leicht auf 150 Jahre und laufen einfach so auf den Feldern umher. Und die berühmten Darwinspatzen sind recht Camera-geil und stehen gerne im Rampenlicht.
An meinem zweiten Tag hier durfte ich Tauchen. Erstmal: Heutzutage drücken die auch wirklich Jedem den Tauchschein in die Hand. Wenn ich schon sehe, wie Ricardo (Name geändert), Frührentner, seine eigene Ausrüstung im Wert von 2000 Euro aus seinem Tauchkoffer kramt und zu allererst sein Tauchmesser am Bein festzurrt, dann weiß ich schon Bescheid: der Mann wird ein Problem. Und tatsächlich hat Ricardo erst 10 Tauchgänge, einen Flossenschlag wie ein Fahrradfahrer und wir beobachten amüsiert, wie der Gute über den Meeresgrund schleicht, während er sein Jacket aufbläst und versucht seine Gopro zu bedienen. Dann wechseln unsere Gesichtszüge, als er ebenso wenig graziös über die schönen Korallen kriecht. Super, den Schlauch würde ich gerne durchschneiden (aber ich hab ja kein Messer!).
Aber da wäre ja noch Cassandra (Name geändert), die wohl auch hauptberuflich die Tour de France fährt, prinzipiell immer entgegengesetzt der Tauchrichtung abdüst und natürlich nach 30 Minuten keine Luft mehr hat (normal wären etwa 45). Hier ist aber die gängige Praxis, dass der Divemaster nicht gleich auftaucht, wenn dem ersten Taucher die Luft ausgeht, sondern erstmal über das Reservemundstück Luft teilt. Warum? Weiß kein Mensch. Ich glaube die glauben, dass die übrigen Teilnehmer der Gruppe dann noch mehr vom Tauchgang haben. Ist ja auch gar nicht stressig, zu sehen wie der Beatmete versucht neben dem Beatmenden herzuschwimmen. Kann man richtig entspannen – und auch nur geringfügig gefährlich. Zumindest sind wir übrigen Taucher die meiste Zeit etwas abgelenkt. Schließlich kreuzen Robben, Galapagoshaie und Weißschwanzhaie unseren Weg. Und auch die gewaltigen Panzer der hiesigen Schildkröten sieht man trotz mittelprächtiger Sichtverhältnisse schon von Weitem auf uns zu/von uns Weg schwimmen. Ich habe Videos und die reiche ich natürlich nach. Morgen gehts nochmal tauchen. Diesmal wünsche ich mir Hammerhaie. Und Taucher mit besserer Tarierung (d.h.: ohne Auf- oder Abtrieb). Mal sehen was passiert.
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